
KPTBS: Warum Nähe in Beziehungen so schwerfällt – und was echte Heilung möglich macht
Für viele Menschen mit komplexer posttraumatischer Belastungsstörung (KPTBS) ist echte Partnerschaft eine enorme Herausforderung. Obwohl sie sich nach Liebe und Nähe sehnen, sich verlieben, lieben und ihr Glück finden, erleben sie intime Beziehungen oft aber als beunruhigend, ja sogar bedrohlich – gerade wenn sie eigentlich sicher, verbindlich und stabil sind. Das fühlt sich im „inneren System“ plötzlich gefährlich oder einengend an. Es kommt zu innerem Rückzug, emotionaler Distanz, Kälte, manchmal sogar zu Ablehnung, Streit oder Fremdgehen. Warum ist das so und was können Betroffene tun, um diesen Kreislauf zu durchbrechen?

Nähe als Gefahr – das unsichtbare Erbe der Kindheit
In der Kindheit lernen wir, wie Beziehung funktioniert und was Nähe bedeutet. Wer hier wiederholt Unsicherheit, Ablehnung, Vernachlässigung oder Missbrauch erfährt, speichert unbewusst ein Muster ab: „Tiefe Bindung ist gefährlich, führt zu Schmerz, Ohnmacht oder Verlust.“ Dieses Muster bleibt wie ein Alarm im Nervensystem, selbst wenn wir längst erwachsen und in einer neuen, liebevollen Partnerschaft sind.
​
Symptome im Erwachsenenalter: Rückzug und Sabotage
Wird eine Partnerschaft intensiver, entsteht bei KPTBS-Betroffenen oft ein beklemmendes Gefühl. Die eigentlich sichere Vertrautheit des Partners triggert alte Ängste – meist auf einer unbewussten Ebene. Viele reagieren mit Rückzug, emotionaler Kälte, Streit oder Distanz. Häufig suchen sie in dieser Phase emotionale Nähe bei anderen – nicht aus bösem Willen, sondern weil neue, unverbindliche Kontakte das Nervensystem weniger bedrohen. Bei einer neuen Bekanntschaft gibt es keine alten Muster, keine tiefen Erwartungen, keine intensive Bindung – für das traumatisierte System fühlt es sich zumindest kurzfristig sicherer an.
​
Warum sabotieren Betroffene glückliche Beziehungen?
-
Alte Glaubenssätze wirken weiter: „Ich bin nicht liebenswert. Ich werde sowieso verlassen. Es tut weh, wenn ich mich öffne.“
-
Nähe = Gefahr: Alles, was an Verbindlichkeit, Liebe oder Zukunft erinnert (z.B. Zusammenziehen, Kinder, Hochzeit), aktiviert den Alarmmodus aus der Kindheit. Das System signalisiert Flucht, noch bevor überhaupt Schmerz entsteht.
-
Neue emotionale Begegnungen fühlen sich ungefährlicher an: Sie sind weniger verbindlich, lösen keine tiefen alten Ängste aus und lassen mehr Kontrolle.
So geschieht es, dass Betroffene stabile Beziehungen beenden oder sabotieren – und neue Bindungen eingehen, die sie am Ende aber genauso unglücklich und einsam machen.
​
Was hilft wirklich? Wege zu einer heilsamen Beziehung
-
Glaubenssätze erkennen:
Betroffene müssen sich ihrer alten Muster und „inneren Sätze“ bewusst werden und lernen, sie als Überbleibsel der Vergangenheit zu entlarven. -
Gefühle aushalten und benennen:
Angst, Unsicherheit, Wut oder Sehnsucht dürfen da sein. Sie müssen nicht sofort „weggemacht“ werden. Auch Unruhe in glücklichen Momenten ist kein Zeichen für das Scheitern der Beziehung, sondern ein alter Alarm. -
Offenheit und Kommunikation:
Offen mit dem Partner über die eigenen Konflikte und Rückzugstendenzen sprechen – das schafft Verständnis und nimmt Druck. -
Bindung langsam wieder zulassen:
Sich vorsichtig wieder der Beziehung annähern – mit kleinen, positiven gemeinsamen Momenten. Erwartungen reduzieren und Geduld mit sich selbst und dem Partner haben. -
Neue emotionale Bindungen ehrlich reflektieren:
Ist das wirklich Liebe – oder ein Fluchtweg vor der Nähe? Bewusst entscheiden, den Fokus wieder auf die bestehende, heilsame Beziehung zu richten. -
Selbstmitgefühl üben:
Verstehen, dass der innere Alarm aus der Vergangenheit kommt – und heute neu überschrieben werden darf.
Fazit
Sich auf echte Nähe und zuverlässige Bindung einzulassen, ist für viele KPTBS-Betroffene ein langer, anspruchsvoller Weg. Doch mit Ehrlichkeit, offener Kommunikation, Achtsamkeit und therapeutischer Unterstützung kann es gelingen, alte Überlebensstrategien loszulassen und in einer stabilen, liebevollen Partnerschaft anzukommen. Die Angst von früher darf da sein – doch sie muss nicht mehr das eigene Leben bestimmen und zerstören.
Heilung ist möglich – Schritt für Schritt.
​
​
​
​
Quellen:
Bessel van der Kolk: "Verkörperter Schrecken."
Michaela Huber: "Wege der Traumaheilung."
Stefanie Stahl: "Das Kind in dir muss Heimat finden."
DeGPT: https://www.degpt.de
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): https://www.bzga.de